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Das Rätsel der Hirnasymmetrie und warum Linkshänder früher sterben

Das menschliche Gehirn ist in eine linke und rechte Hirnhälfte, den sogenannten zerebralen Hemisphären, unterteilt. Auf den ersten Blick unterscheiden sich beide Hemisphären kaum voneinander. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man jedoch zahlreiche Unterschiede zwischen der linken und rechten Hemisphäre. Manche Hirnwindungen sind größer auf einer der beiden Seiten oder die Länge und Steilheit einzelner Hirnfurchen variiert (siehe Abbildung rechts). Selbst der zelluläre Aufbau in bestimmten Hirnarealen ist teilweise asymmetrisch. Diese Hemisphärenasymmetrien im Aufbau unseres "Denkorgans" sind vermutlich die Grundlage für die funktionellen Unterschiede beider Hemisphären. Bestimmte Funktionen lassen sich stärker einer der beiden Hemisphären zuordnen als der anderen. Es ist bekannt, dass die linke Hemisphäre beim Sprechen oder Sprachverständnis der rechten überlegen ist. Die rechte Hirnhälfte scheint dagegen dominant zu sein, wenn wir uns z.B. im Raum bewegen oder Gesichter voneinander unterscheiden müssen. Diese sogenannten funktionellen Hirnasymmetrien sind ein fundamentales Organisationsprinzip des menschlichen Gehirns, finden sich jedoch auch für bestimmt Funktionen bei einigen Spezies im Tierreich.
Die große Mehrheit aller Menschen, vermutlich mehr als 90%, zeigt eine linkshemisphärische Dominanz für Sprache. Diese linksseitige Sprachdominanz ist unabhängig davon, ob wir deutsch, chinesisch, arabisch, swahili oder maori sprechen - eigentlich eine erstaunliche Tatsache - unterscheiden sich diese Sprachen doch zum Teil erheblich voneinander.
Vielleicht noch erstaunlicher ist es, dass eine weitere lateralisierte Funktion stark mit der Hirnasymmetrie für Sprache verknüpft ist. Hierbei handelt es sich um die Händigkeit. Zirka 95% alles Rechtshänder zeigen eine linkshemisphärische Dominanz für Sprache. Bei den Linkshändern sind es immerhin noch ca. 70%.

Was ist Händigkeit?

Der Begriff Händigkeit ist ein recht vager Begriff und kann Unterschiedliches bedeuten. Die meisten von uns werden die Antwort auf die Frage "Bist Du Rechtshänder oder Linkshänder?", wahrscheinlich davon abhängig machen, welche Hand sie zum Schreiben verwenden. Das ist auch gar nicht so falsch und deutet wieder auf einen starken Zusammenhang zwischen der Händigkeit und Sprache hin. Die Idee, dass die Schreibhand als Hinweis für die Händigkeit angesehen werden kann, ist schon ziemlich alt und wird teilweise noch immer als einziges Kriterium in der Wissenschaft angewandt. Mittlerweile ist klar, dass die Händigkeit viele Facetten hat und die Schreibhand nur eine von vielen Indikatoren ist, wenn auch ein wesentlicher. Die Hand mir der wir z.B. einen Ball werfen, das Marmeladenglas am Frühstückstisch öffnen oder und die Nase kratzen sind nur wenige andere Beispiele dafür, was wir unter Händigkeit verstehen. Daraus resultiert, dass es nicht nur den klaren Links- oder Rechtshänder gibt, sondern auch sämtliche Mischtypen. Es gibt konsistente Links- oder Rechtshänder, die alles mit ihrer bevorzugten Hand machen, es gibt diejenigen, die fast alles mit ihrer bevorzugten Hand machen und es gibt echte Beidhänder, die eigentlich alles mit beiden Händen erfolgreich tun können.

"Ja, ich schreibe mit rechts, aber sonst mache ich eigentlich alles mit links". Solche Aussagen wird der eine oder andere vielleicht schon einmal gehört haben. Das deutet an wie schwierig es ist die Händigkeit "zu messen". Speziell Menschen der älteren Generationen wurden häufig umerzogen, wenn sie die linke Hand zum Schreiben gebrauchten. Sind diese Menschen eigentlich Linkshänder oder doch eher Rechtshänder? Die Händigkeit scheint nicht nur von unserer Hirnorganisation alleine abzuhängen, sondern wird teilweise durch die Umwelt mitbeeinflusst. Teilweise wird die Händigkeit durch die Umwelt verstärkt oder der Gebrauch der "falschen" Hand wird sanktioniert. Speziell bei ältere Telefonapparaten, z.B. in öffentlichen Telefonzellen, lag der Telefonhörer immer links auf der Gabel, damit die Mehrheit ganz bequem die rechte Hand zum wählen der Nummern verwenden konnte. In manchen Ländern galt die linke Hand sogar als unrein, die man nur für schmutzige Tätigkeiten verwenden durfte. Wehe dem, der mit seiner linken Hand in die gemeinsame Schale Reis griff.

Warum ist ‚Links' böse?

'Links' ist natürlich nicht böse, aber in den verschiedenen Sprachen ist der Begriff 'Links' von seiner Wortbedeutung durchgängig negativ gefärbt. Schon im Alten und Neuen Testament finden wir zahlreiche Hinweise auf diese positive und negative Konnotationen wie z.B. 'die rechte Hand Gottes', 'die rechte Hand ist die bevorzugte Hand', 'mit der zerstörerischen linken Hand', usw. (siehe Abbildung rechts). Die negative Wortbedeutung des Wortes Links zeigen die folgenden Beispiele:

Angelsächsisch: lyft - zerbrochen, weich
Französisch: gauche - Unnutz, Faulpelz, Erfolgloser
Italienisch: mancino - unehrlich
Latein: sinister - böse, übel
Russisch: levja - verletzt, kränklich

Was uns die Händigkeit verrät

Die Händigkeit scheint ein relativ guter Indikator für die funktionelle Hirnorganisation zu sein, insbesondere dann, wenn wir wissen wollen, ob bei einer Person Sprache links- oder rechtsdominant angelegt ist. Das wird z.B. dann relevant, wenn entschieden werden muss, ob ein neurochirurgischer Eingriff sprachrelevante Hirnareale betreffen könnte oder nicht. Chirurgische Eingriffe bei neurologischen Patienten, die an einem Tumor oder an einer schweren Epilepsie leiden, welche mit Medikamenten nicht mehr in den Griff zu bekommen ist, bergen natürlich die Gefahr, dass man sprachrelevante Hirnareale beschädigt, insbesondere dann, wenn der Erkrankungsherd auf der linken Hemisphäre liegt und der Patient Rechtshänder ist. Aber auch unabhängig von der klinischen Relevanz ist die Händigkeit vielleicht das offensichtlichste Merkmale, das uns etwas darüber verrät, wie bei einem Menschen Hirnfunktionen im Gehirn organisiert sind.

Warum sterben Linkshänder früher?

Es wurde angenommen, dass Linkshändigkeit mit z.B. Lesestörungen, Sprachproblemen (Stottern), emotionaler Instabilität, Alkoholismus, Kriminalität, Homosexualität und sogar mit einer verkürzten Lebensdauer in Verbindung stehen soll. In einer Studie von Porac und Coren (1981) wurde daraufhin eine große Stichprobe von 5000 Probanden im Alter zwischen 8 und 100 Jahren untersucht. Interessanterweise schrumpfte die Anzahl der linkshändigen Probanden von 15% im Alter von 10 Jahren auf gerade einmal 1% in einem Alter von 80 Jahren. Liegt das daran, dass die Mehrheit aller Linkshänder umerzogen wurden? Das scheint nicht der Fall zu sein. Sterben Linkshänder also früher als Rechtshänder?
Tatsächlich leiden Linkshänder 2mal so häufig unter Schlafstörungen und 2,5mal so häufig an Hörstörungen. Linkshänder sind deutlich anfälliger für Allergien, Fieber, Asthma, Augenkrankheiten oder anormale Hautreaktionen. Allergiker sind 80% häufiger Linkshänder. Linkshänder neigen eher zu Diabetes, sind häufiger Alkoholiker oder rauchen. Homosexuelle Menschen sind doppelt so häufig unter Linkshändern zu finden. Das ist interessant, aber was hat das alles mit dem Gehirn und der Hemisphärenasymmetrie zu tun?

Wie werde ich Linkshänder?

Die beiden Neurologen Norman Geschwind und Albert Galaburda stellten Mitte der 80er Jahre ein Modell auf, in dem sie propagierten, dass erhöhte Testosteronwerte im Mutterleib die zerebrale Asymmetrie und dass Immunsystem schädigen können. Nach Geschwind und Galaburda's Modell verlangsamen hohe Testosteronspiegel beim Fötus die Entwicklung der linken Hemisphäre, so dass sich die rechte Hirnhälfte, relativ gesehen, schneller entwickelt. Das könnte der Grund dafür sein, dass sich bestimmte Funktionen des Gehirns, die bei "normal" entwickelten Föten eher links zu finden sind, auf die rechte Seite verlagern. Dazu gehört neben der Sprache u.a. auch die Händigkeit. Das könnte wiederum erklären warum Sprachstörungen, wie z.B. Stottern, insbesondere bei Jungen zu beobachten ist, ihre visuell-räumlichen Fähigkeiten jedoch häufig besser sind. Der Anteil, der an Sprachstörungen leidenden Menschen, ist bei Linkshändern deutlich größer als bei Rechtshändern. Aufgrund der niedrigeren Testosteronspiegel bei weiblichen Föten ist der Anteil der Mädchen mit sprachlichen Defiziten und Linkshändigkeit deutlich geringer als bei Jungen. Da überhöhte Testosteronspiegel auch die Reifung der Schilddrüse beeinflussen kann, findet sich bei Jungen und Linkshändern in der späten Kindheit auch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Immunstörungen (Allergien, Heuschnupfen, usw.).

Wie wird die Händigkeit gemessen?

Es gibt viele verschiedene Verfahren die Händigkeit zu messen. Einige Wissenschaftler versuchen die Präzision direkt zu messen, mit der Probanden ihre linke oder rechte Hand in bestimmten manuellen Aufgaben verwenden, z.B. beim Finger-Tapping. Eine direkte Messung scheint aber nicht unbedingt notwendig sein, da man mit wissenschaftlich fundierten Fragebögen zu einem sehr ähnlichen Ergebnis kommt. Ein wesentlicher Vorteil von Fragebögen ist natürlich ihre einfache Durchführbarkeit. Häufig werden Fragebögen verwendet, die neben der Frage "Was ist Ihre Schreibhand?" auch die bevorzugte Hand bei vielen anderen manuellen Tätigkeiten abfragen.

Der klassischer Händigkeitstest:

Ein klassischer Test um die Händigkeit zu erfassen ist der Edinburg Handedness Inventory. Dieses Messinstrument berücksichtigt, dass das Merkmal Händigkeit ein Kontinuum ist. 100%ige Links- und Rechtshänder bilden die Pole des Kontinuums Händigkeit und Beidhänder liegen auf dem Kontinuum genau zwischen den Polen. Der nachfolgende Test ist ein einfacher, schnell auszuführender Test, der nicht nur in der experimentellen Psychologie Anwendung findet, sondern auch in der Psychiatrie oder Neurologie genutzt wird.
Obwohl die Linkshändigkeit mit einer geringeren Lebenserwartung zusammenzuhängen scheint, lässt sich aus einem solchen Händigkeitstest natürlich nicht die individuelle Lebenserwartung ableiten ... oder vielleicht doch ... ?!

Hier kannst Du an diesem berühmten Fragebogen teilnehmen und erkunden, welche Werte Du in der Händigkeit erreichst (für den Fragebogen ist ein aktueller Flash-Player erforderlich!):

Teste Deine Händigkeit selbst!

Hier kannst Du den aktuellen Flash-Player herunterladen: Get Macromedia Flash Player

 
 
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Inhaltliche Konzeption und Text: Markus Hausmann - Programmierung Experiment und html: Christoph Fenner
 
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